Vom Beginn der konkreten Planungen bis zum Einzug vergingen zehn Jahre: Seit Anfang 2019 wohnt die Bauherrengemeinschaft MaxAcht nun in ihrem Holzhaus auf dem ehemaligen Gelände eines Stuttgarter Krankenhauses. Anni Endress hat die Baugemeinschaft gegründet. Ihr Lebensgefährte Klaus Schaeffer stieß später dazu. Im Interview lüften die beiden das Geheimnis um den guten Zusammenhalt innerhalb ihrer Gruppe – und erzählen, wie viel Zeit das Bauen in einer Bauherrengemeinschaft wirklich in Anspruch nimmt.
Baugemeinschaft MaxAcht im Überblick
Name der Baugemeinschaft
MaxAcht
Wohnungsgrößen
zwischen ca. 55m² für eine Single-Wohnung und ca. 119m² für eine vierköpfige Familie
Anzahl der Wohnungen
11
Standort
Olga-Areal im Stuttgarter Westen
Offizieller Start des Projekts
2009
Zusammensetzung der Baugruppe
- 5 Familien mit je 2 Kindern
- 2 Paare
- 3 Single-Haushalte
- 1 WG
Einzug
Februar/März 2019
Wie kam es zur Gründung Eurer Baugemeinschaft?
Anni Endress: Dass unsere Baugemeinschaft entstanden ist, war reiner Zufall. Ich war auf dem Wochenmarkt unterwegs, als ich zufällig einen Bekannten getroffen habe, der gerade Flyer verteilte: Im Westen von Stuttgart sollte ein Gelände neu bebaut werden – das sogenannte Olga-Areal – auf dem bis dahin ein Krankenhaus stand. Die Idee war, die Grundstücke nicht ausschließlich Investoren zu überlassen und bei der Stadt zu erwirken, dass die Grundstücke an private Baugemeinschaften vergeben werden. Los ging es damals mit einer Zukunftswerkstatt, das war 2007. Bis wir schlussendlich einziehen konnten, sind insgesamt zwölf Jahre vergangen.
Wieso hat das Projekt so lange gedauert?
Anni Endress: Baugemeinschaften waren für Stuttgart damals ein Novum. Die Stadt hatte erst einmal zuvor ein Grundstück an eine Baugemeinschaft vergeben. Alle Prozesse liefen dementsprechend langsam. Dazu kam, dass der spätere Abriss des Gebäudes auch noch einmal recht lange dauerte. Bis wir den Zuschlag für unser heutiges Grundstück hatten und wussten, dass wir definitiv bauen können, vergingen allein sechs oder sieben Jahre.
Sind in dieser langen Zeit Mitglieder abgesprungen?
Klaus Schaeffer: Eine Familie ist abgesprungen. Die hatten drei Kinder und brauchten einfach schneller mehr Platz. Ansonsten sind erstaunlicherweise alle dabei geblieben. Als der Bau dann erst einmal begonnen hatte, ging es auch recht zügig voran: Wir haben ein Holzhaus gebaut, das innerhalb weniger Monate aufgestellt werden konnte. Drumherum war das Gelände noch eine Baustelle, aber wir konnten schon einziehen und sind abends immer durch den Bauzaun geschlüpft. Für die Kinder war das ein Abenteuer!

Bild: Klaus Schaeffer
Anni, Du hattest die Idee zur Gründung der Baugruppe MaxAcht – wie hast Du die anderen Baugruppenmitglieder gefunden?
Anni Endress: Ich habe zunächst zwei Bekannte aus meinem Sportverein angesprochen. Eine andere heutige Nachbarin kannte ich noch aus dem Studium – wir hatten früher schon einmal zusammen gewohnt. Losgelegt haben wir dann mit vier Parteien. Darunter war eine Familie, die über die Kita ihrer Kinder weitere neue Mitglieder mitgebracht hat. Über Mund-zu-Mund-Propaganda ist unsere Gruppe dann gewachsen. Nur für die letzten beiden Wohnungen haben wir ein kleines Casting mit mehreren Bewerbern veranstaltet und schließlich nach Sympathie entschieden.
Die Baugemeinschaft heißt MaxAcht, ihr seid aber elf Parteien…
Anni Endress: Ja, das stimmt! Ursprünglich hatten wir mal acht Wohnungen geplant, durften aber auf unserem Grundstück dann elf Wohnungen bauen. Den Namen haben wir behalten. MaxAcht klingt besser als MaxElf.
Die Stadtentwicklerin Ursula Müller hat Euer Projekt schließlich betreut. Wie habt Ihr zueinander gefunden?
Klaus Schaeffer: Wir haben vier Architekt:innen in unserer Baugemeinschaft und ich glaube der Kontakt kam über sie zustande. Ich kann jeder Baugruppe nur empfehlen, sich einen Projektbetreuer zu suchen. Frau Müller hat unsere Baugruppensitzungen moderiert und wusste immer, wer bei welchem Problem der richtige Ansprechpartner für uns war. Das hat uns sehr viel Arbeit erspart. Sie hat uns auch die Umweltbank in Nürnberg vermittelt, die Baugemeinschaften finanziert. Unsere lokalen Banken hier in Stuttgart finanzieren nämlich keine Baugemeinschaften.
Wann ist Eure Baubetreuerin zum Projekt dazugestoßen?
Anni Endress: Bis wir den Zuschlag für unser Grundstück bekommen haben – also in den ersten sechs oder sieben Jahren – haben wir das Projekt alleine als Gruppe vorangetrieben. Die vier Architekt:innen bei uns im Haus waren ganz maßgeblich daran beteiligt. Sie haben alle Pläne gezeichnet, die bis dahin erforderlich waren. Wir hatten natürlich ein Riesenglück mit ihnen – andere Baugemeinschaften mussten schon ein Architekturbüro beauftragen, ohne zu wissen, ob sie überhaupt ein Grundstück bekommen. Erst nachdem wir den Zuschlag für unser Grundstück bekommen hatten, haben wir ein Architekturbüro von außen engagiert, weil unsere Architekt:innen das Projekt nicht neben ihren regulären Anstellungen vorantreiben konnten.
Wie habt Ihr untereinander die Wohnungen vergeben?
Anni Endress: Wir haben eine Preisstaffel vereinbart: je nach Lage und Ausrichtung der Wohnung war der Quadratmeterpreis etwas niedriger oder etwas höher. Streit gab es um die Vergabe der Wohnungen nicht. Durch Lage und Preis hat sich das mehr oder weniger von selbst ergeben.
Für mich war das Treffen, bei dem wir die Wohnungen vergeben haben, trotzdem fast das spannendste der ganzen Zeit: Ich kannte mich gut genug, um zu wissen, dass ich da wenig kompromissbereit bin (lacht). Zum Glück lief es dann ganz ohne Streit ab.
Was ist das Besondere an Eurem Haus?
Klaus Schaeffer: Unser Haus hat einen Betonkern, ist aber ansonsten komplett aus Holz gebaut. Dadurch haben wir ein wahnsinnig angenehmes Raumklima. Außerdem gibt es zwei Rollstuhl-gerechte Wohnungen und 30 Prozent der Wohnungen mussten wir an Menschen vergeben, die einen Anspruch auf geförderten Wohnraum haben. Wir haben einen 50m2 großen Gemeinschaftsraum samt Küche und Vollbad. Sonntags treffen wir uns dort zum Tatort gucken und manchmal schauen wir auch gemeinsam Fußball. Außerdem nutzen wir den Raum, um Gäste zu beherbergen. Um den Gemeinschaftsraum finanzieren zu können, haben wir in allen Wohnungen auf Flure verzichtet. So konnten wir in Summe 50m2 einsparen. Wer eine unserer Wohnungen betritt, steht immer sofort im Wohn-Ess-Küchenzimmer statt in einem Flur. Alle Bewohner teilen sich außerdem einen gemeinsamen Waschraum im Keller und manche teilen auch Waschmaschine und Trockner miteinander.
Wie würdet Ihr Eure Baugruppe MaxAcht beschreiben?
Klaus Schaeffer: Als ganz besonders empfinden wir den Zusammenhalt im Haus: Als während der Corona-bedingten Lockdowns die Kinder zuhause waren und ihre Eltern trotzdem arbeiten mussten, haben wir von Montag bis Freitag abwechselnd in unserem Gemeinschaftsraum für alle gekocht. Wer Lust hatte, konnte mittags zum Essen herunterkommen. Es gab aber – wie bei allen unseren Gemeinschaftsaktivitäten – überhaupt keinen Zwang.
Anni Endress: Wenn jemand krank ist oder in den Urlaub fährt, ist es für uns auch selbstverständlich, dass wir füreinander einkaufen oder mal die Blumen gießen. Wichtig ist aber: wenn jemand seine Ruhe braucht, muss er sich nie vor der Gruppe erklären. Ich glaube, das ist auch das Geheimnis unserer Gruppe: Wir waren nie eine Zweckgemeinschaft, der es nur darum ging, günstig zu bauen. Aber wir sind auch nicht so eng miteinander, dass jemand beleidigt wäre, wenn sich einer mal zurückzieht.
Wie viel Zeit habt Ihr im Laufe der Jahre in die Baugruppe investiert?
Klaus Schaeffer: Das ist wirklich schwer zu sagen. Im Schnitt waren das am Schluss bestimmt fünf Stunden in der Woche, in Spitzenzeiten aber auch deutlich mehr. Im Laufe der Jahre war der ein oder andere natürlich auch beruflich mal stärker eingespannt und hat sich in der Zeit entsprechend weniger engagiert.
Würdet Ihr im Rückblick etwas anders machen?
Anni Endress: Wir hätten gerne einen Dachgarten gehabt, aber das Geländer wäre circa 36cm höher gewesen als in der Bauordnung vorgesehen – deshalb mussten wir leider darauf verzichten. (lacht) Aber ansonsten sind wir sehr zufrieden. Wir würden es jederzeit wieder machen.
Anni, Klaus – vielen Dank für das Gespräch.

Anni Endress hat die Stuttgarter Baugemeinschaft MaxAcht ins Leben gerufen. Heute lebt sie mit ihrem Mann Klaus Schaeffer und 10 Familien in dem Haus, das Anfang 2019 fertiggestellt wurde. Rund zehn Jahre sind von Beginn der Planungen bis zum Einzug der Baugemeinschaftsmitglieder vergangen.

